Bürgerschaftliche Netzwerke in Köln (XIII): Interkultureller Mädchentreff
Veröffentlicht am:
22. März 2010
„Rathaus Ratlos“ setzt seine Serie über bürgerschaftliche Netzwerke und Initiativen fort, die bürgerschaftliches Engagement in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen – von Umwelt, über Kultur, Kinder- und Jugend, Sport, lokale Ökonomie bis zur Stadtplanung – umfassen. Bürgerinitiativen, Vereine und Selbsthilfeprojekte berichten über ihre Arbeit, ihre Entstehung, ihre Erfahrungen und ihre Zukunftspläne in „Rathaus Ratlos“. In dieser Ausgabe: Der Interkulturelle Mädchentreff der Lobby für Mädchen e.V.
Wie es begann
Freizeit- und Bildungsangebote für Mädchen gehörten schon zum Grundkonzept der LOBBY FÜR MÄDCHEN in den Gründungstagen 1987/88. Während die Realisierung der Mädchenberatung schnell ging, dauerte es zehn Jahre, bis wir anfangen konnten, Mädchenarbeit als Spezialform der offenen Kinder- und Jugendarbeit anzubieten. Zuerst gab es an einigen Nachmittagen in der Woche Freizeitangebote für Mädchen aus Aussiedlerfamilien, dann kamen Mädchen aus zugewanderten Familien, deren Wurzeln in verschiedenen asiatischen oder europäischen Ländern lagen, hinzu und seit einigen Jahren zählen sehr viele Mädchen aus afrikanischen Ländern zu unseren regelmäßigen Besucherinnen.
Offene Mädchenarbeit
Die offene Mädchenarbeit setzt am Freizeitbereich der Jugendlichen an. Er ist offen für Mädchen aller Ethnien ab 10 Jahren. Der Mädchentreff ist ein Ort an dem soziales Lernen stattfindet. Er bietet einen Lern- und Erlebnisraum, der sowohl auf die Entwicklung von positiven zwischenmenschlichen Erfahrungen als auch auf die Stärkung des Selbstbewusstseins ausgerichtet ist. Dabei wird an den Lebenslagen, Bedürfnissen und Ressourcen der Mädchen angesetzt. Ihre Anliegen, Belange, Erwartungen und Ansprüche werden beachtet. Die offene Arbeit bietet neben Gruppenarbeit, schulischer Förderung, Projektarbeit und biographischer Begleitung Raum zum Entspannen und Abschalten und entlastet damit vorübergehend von individuellen und sozialen Problemstellungen.
Interkulturell ...
Pädagogische Arbeit kann in einer Stadt wie Köln nur interkulturell sein. Die Pädagoginnen im Treff verfügen über interkulturelle Kompetenz und häufig über Arbeitserfahrung in anderen Ländern. Sie sind offen für Mädchen aller Ethnien, nehmen sie in ihrer Unterschiedlichkeit wahr, interessieren sich für ihre Kulturen und führen einen wertschätzenden Austausch über Unterschiede und Gemeinsamkeiten - d.h. über Werte, Ziele, Normen und Interessen der verschiedenen Kulturen. Sie bieten den Mädchen die Chance, ihre Erfahrungen und ihr Wissen aus den verschiedenen Kulturen als Ressource zu begreifen und zu nutzen.
... und feministisch
Gleichzeitig ist der Interkulturelle Mädchentreff ein Angebot der feministisch-parteilichen Mädchenarbeit, die die Gleichberechtigung der Geschlechter zum Ziel hat.
Heute wachsen Mädchen unter deutlich veränderten, aber nicht zwangsläufig verbesserten gesellschaftlichen Bedingungen auf. Rollenbilder sind vielfältiger geworden, aber auch in sich widersprüchlich, sie sind weiter geworden, aber auch überfordernd, mit manchmal unvereinbaren Anforderungen.
Mädchen heute haben stark, schön, erfolgreich, sexy etc. zu sein. Ängste, Unsicherheiten und Scheitern sind bei diesem Rollenbild nicht vorgesehen. Pa-rallel wirken alte konservative Rollenbilder weiter, die von Schicht, Ethnie, Religion, Wohnort und anderen Faktoren bestimmt sind. Das erfordert, sich auf vielen Ebenen mit den Lebenslagen von Mädchen und jungen Frauen auseinander zu setzen und frühzeitig Hilfen, Unterstützung, Beratung, Begleitung und Orientierung anzubieten.
Die Treffbesucherinnen zählen in der Regel nicht zu den Mädchen, die von den gesellschaftlichen Entwicklungen vergangener Jahrzehnte profitieren konnten. Ihre Familien sind häufig mit vielfachen Problemen belastet durch Erwerbslosigkeit, Erkrankungen, Gewalt in der Familie. Sie gehören oft zur sozial schwachen Bildungsschicht, leben in beengten Wohnverhältnissen, haben viele Geschwister. Manche Mädchen haben Kriegs- und Fluchterfahrung. Das Elternhaus ist häufig patriarchal strukturiert und die Töchter werden früh auf die Rolle der Ehefrau und Mutter vorbereitet. Zwangsverheiratung und von den Eltern durchgesetzte Rückkehr in das Herkunftsland der Familie sind für viele junge Frauen aus zugewanderten Familien realistische Bedrohungen. Und auch in Köln können Mädchen Opfer genitaler Beschneidung werden!
Mädchenberatung
Der inzwischen werktäglich geöffnete Treff bietet ein umfassendes Feld für Lernen aller Art und belastbare pädagogische Beziehungen, die auf Wertschätzung, Respekt und Klarheit beruhen. Die tägliche Arbeit mit den Mädchen macht deutlich, wo die Bedarfe über den Aufgaben offener Jugendarbeit hinaus liegen. Deshalb haben wir in direkter Anbindung an den Treff Mädchenberatung angegliedert.
Gesundheitsfürsorge
In Zukunft werden wir in Vernetzung mit spezialisierten, interkulturell kompetenten Fachärztinnen verstärkt die Themen Gesundheitsfürsorge und Gesundheitserziehung in die Treffarbeit einbringen.
Mädchen stärken, damit sie einen Schulabschluss schaffen und sie so zu qualifizieren, dass sie in der Lage sind, eine Ausbildung zu beginnen, ist eine weitere anstehende Aufgabe. Schule und Ausbildung scheitern in der Regel nicht an der Intelligenz, sondern an einer Vielzahl anderer Hürden im emotionalen oder sozialen Bereich.
LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V.
Buchheimer Str. 56
51063 Köln
Fon 02 21 – 890 59 58
Fax 02 21 – 890 55 48
www.lobby-fuer-maedchen.de
Interkultureller Mädchentreff
Offener Bereich u. Hausaufgabenhilfe
maedchentreff[at]lobby-fuer-maedchen.de
Mädchenberatung rechtsrheinisch
Beratung nach Vereinbarung dienstags – freitags
Offene Beratung
(ohne Terminabsprache):
Freitags 14 – 18 Uhr
maedchenberatung-rechtsrhein[at]lobby-fuer-maedchen.de
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