Wie viel Minarette verträgt das Abendland?

Von Ein Kommentar von Brigitta von Bülow und Ossi Helling


Veröffentlicht am: 22. März 2010

Ein kurzer Blick auf die unsägliche Medien-Kampagne der Schweizer Volkspartei zum Minarett-Verbot.

Ein kurzer Blick auf die unsägliche Medien-Kampagne der Schweizer Volkspartei zum Minarett-Verbot: Die Kampagne gipfelte in einem Plakat, das Minarette wie Batterien von Raketen mit Atomsprengköpfen und im Vordergrund eine bis auf die Augenschlitze verhüllte Muslima darstellte. Jedem, der ein bisschen von Werbepsychologie versteht, ist sofort klar, dass hier eine Gleichsetzung von Menschen muslimischen Glaubens mit dem propagierten militärischen Atomprogramm islamistischer Kräfte (Iran) hergestellt werden soll. Das ist offener Rassismus gegen jeden Menschen muslimischen Glaubens.


Noch weniger Worte seien den Freudenstürmen der Rechtsextremisten aller Länder gewidmet, die nach dem Bekanntwerden des Ergebnisses des Schweizer Volksentscheids laut wurden. In Köln phantasierten die PK-Rechtsextremisten sofort wieder von einer gewaltigen europäischen Sammlungsbewegung der rechtsextremen Wirrköpfe aller Couleur. Die NRW-Landtagswahl soll mit deren Hilfe zu einer Kampferklärung gegen die Ausbreitung des Islam hochstilisiert werden.

Die Schweizer Volksabstimmung muss im Spannungsfeld von Volksentscheiden einerseits und Verfassungen und Grundrechten andererseits beleuchtet werden. Seit der Aufklärung und der französischen Revolution hat sich Europa in einem schwierigen Prozess voller Brüche und katastrophaler Rückschläge – man denke nur an die beiden Weltkriege – herausgebildet und entwickelt sich zu einem säkularen, transnationalen, nichtreligiösen und multiethnischen Projekt weiter.

Teil dieses Prozesses ist beispielsweise die längst überfällige Reform des deutschen Staatsbürgerrechtes mit seiner Ersetzung des Abstammungsprinzips („Nur wer deutsche Vorfahren hat, ist Deutscher“) durch das Geburtsprinzip („Wer in Deutschland geboren ist, ist Deutscher“). Dieses Prinzip ist allerdings noch mannigfach eingeschränkt. Ein wesentlicher Baustein dieses zusammenwachsenden Europa sind die in fast allen nationalen Verfassungen verankerten Grundrechte. Eines dieser Grundrechte ist die Religionsfreiheit, die nachweislich weltweit nirgendwo so geschützt ist, wie hier – außer vielleicht noch in den USA. Zu dieser Religionsfreiheit gehört auch die Freiheit, der jeweiligen Religion entsprechende Gotteshäuser zu bauen.

Die gelebte Demokratie, z.B. mehrheitlich getroffene Parlamentsentscheidungen, können allerdings in Konflikt geraten mit den in der Verfassung verankerten Grundrechten. Entscheidungen in Form von Volksentscheiden. Aber auch Entscheidungen gewählter Parlamente sind nicht automatisch verfassungskonform. Gerade in jüngster Zeit haben wir in Deutschland zur Kenntnis nehmen müssen, dass das Bundesverfassungsgericht mehrheitliche Parlamentsentscheidungen zur Inneren Sicherheit aufgehoben hat, da sie mit den Grundrechten der Verfassung kollidierten.
Ein Volksentscheid, der fundamentale Menschen- und Freiheitsrechte missachtet, ist ganz sicher kein Leuchtturmprojekt gelebter Demokratie. Im Schweizer Fall wäre daher eine verfassungsmäßige Prüfung des Entscheids wünschenswert und notwendig.

Für Köln brauchen wir wohl keine Sorge vor einem kommunalen Bürgerentscheid in der Minarettfrage zu haben. Hier wird nun nach einem langen Prozess von Bürgeranhörungen eine freistehende repräsentative Moschee mit Minaretten gebaut. Allen Befürchtungen und Unkenrufen zum Trotz präsentiert sich in der Frage des Moscheebaus ein offenes Köln. Moscheegemeinde, Bevölkerung, die Ratsmehrheit und die Stadtverwaltung gehen offen, unaufgeregt und auf Augenhöhe miteinander die nötigen Schritte - gegen das Gespenst der Parallelgesellschaften und gegen ein Schattendasein in Hinterhöfen. Und das, obwohl PK nie müde wurde, Befürchtungen und Ängste im Zusammenhang mit dem geplanten Moscheebau lautstark für ihre Politik zu nutzen – gegen den Islam, gegen die Moschee, gegen Migrantinnen und Migranten.

Wer in Köln auf das Mittel des Bürgerentscheides gegen Minarette setzen würde, um Fremdenhass zu schüren und Menschen islamischen Glaubens einzuschüchtern, würde richtiger- und glücklicherweise verlieren.


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