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Hintergrundinformationen zum Baupfusch an der Nord-Südstadtbahn

Nach und nach kommt ans Licht, dass beim Bau der Nord-Süd-Stadtbahn an verschiedenen Stellen massiv gepfuscht wurde. Laut Presseberichten sind davon in erster Linie das Haltestellenbauwerk am Heumarkt und das eingestürzte Gleichwechselbauwerk am Waidmarkt betroffen.

Dort sollen in großem Stil Vermessungsprotokolle gefälscht worden sein. Außerdem wird vermutet, dass ein Großteil Stahlbügel, die im Beton die verschiedenen Stahlteile verbinden, nicht eingebaut, sondern von den Bauarbeitern verkauft wurden.
Diese Betrugsfälle werden zurzeit von der Staatsanwaltschaft untersucht. Die Frage stellt sich, warum diese Missstände nicht schon während der Bauphase der Schlitzwände vor einigen Jahren aufgefallen sind. Die für die Bauarbeiten zuständige Arbeitsgemeinschaft Los Süd (Arge Süd) hat hier offensichtlich unzuverlässig und eventuell sogar kriminell gehandelt, drei für den Bau verantwortliche Mitarbeiter sind mittlerweile suspendiert. Gegen sie läuft ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft.

Einsturzursache immer noch nicht geklärt
Ob allerdings die bisher bekannten Baumängel tatsächlich ursächlich für den Einsturz des Stadtarchivs am Neumarkt sind, ist immer noch nicht geklärt. Dies wird wahrscheinlich erst dann abschließend bewertet werden können, wenn die mutmaßliche Schadensstelle an der Schlitzwand direkt begutachtet worden ist. Der Bau eines entsprechenden Besichtigungsbauwerks ist geplant, allerdings müssen erst die Archivalien vollständig geborgen werden, bevor damit angefangen werden kann. Es wird also frühestens gegen Ende des Jahres fertig sein.

Fehlende Bauaufsicht?
Heiß diskutiert wird natürlich die Frage, ob das Unglück und die Bauschäden hätten verhindert werden können, wenn die KVB die Baustellen besser überwacht hätte. Hier ist noch einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten, nach fast einem Jahr steht immer noch nicht fest, was genau und zu welchem Zeitpunkt und ob überhaupt von den Mitarbeitern der KVB kontrolliert wurde. Gegen die Manipulation der Vermessungsprotokolle durch die Baufirma hätte die KVB auf jeden Fall nichts ausrichten können, hier ist wohl in krimineller Absicht bewusst getäuscht worden, wobei noch unklar ist, aus welchem Motiv heraus. Wieso den zuständigen Mitarbeitern allerdings die fehlenden Verbindungsbügel und die Vielzahl nicht genehmigter Brunnen nicht aufgefallen sind, dafür fehlt bis heute eine plausible Erklärung.

Sicherheit der Haltestellenbauwerke
Seit dem Unglück am Waidmarkt ist von Seiten der KVB viel mehr für die Überwachung der Bauwerke getan worden, so dass zumindest heute davon ausgegangen werden kann, dass keine weiteren Baufehler passieren. Allerdings kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass die Sicherheit insbesondere der Haltestelle Heumarkt dann gefährdet ist, wenn durch Hochwasser des Rheins der Grundwasserdruck zunimmt. Deshalb sollen jetzt zusätzliche Bewehrungen an den noch offenen Schlitzwänden vorgenommen und ein Schott in die Tunnelröhre eingebaut werden, falls man das Bauwerk fluten muss. Zum Glück gab es in den vergangenen Jahren kein Jahrhunderthochwasser mehr, ansonsten wäre auch die Haltestelle Heumarkt gefährdet gewesen – was man aber ohne das Unglück am Waidmarkt und die dadurch erfolgten Untersuchungen vermutlich nie rausgefunden hätte.

Die Haltestellen sind erst dann wirklich sicher, wenn der Rohbau hergestellt ist und die Schlitzwände damit weitgehend ihre Funktion verlieren. Von den Haltestellen in der Verantwortung der Arge Los Süd sind Chlodwigplatz und Karthäuserhof fast abgeschlossen, der Rohbau am Heumarkt wird in den nächsten Monaten fertiggestellt sein, falls es kein Hochwasser gibt. Mehrere Gutachter, darunter der TÜV Rheinland und die Technische Aufsichtsbehörde TAB haben die Sicherheit der Haltestellen durch verschiedene Prüfmethoden festgestellt und testiert. Im Vertrauen auf die Aussagen der Gutachter konnte deshalb auch der Rosenmontagszug wie geplant stattfinden.

Kündigung der Verträge mit den Baufirmen?
Welche Konsequenzen man aus diesen ganzen Vorgängen um den Bau der Nord-Süd-Stadtbahn zieht, ist noch offen. Unklar ist auch, ob nicht im Laufe des Verfahrens weitere Baumängel zu Tage treten, beispielsweise ist immer noch nicht die genaue Ursache für die „Sandbank“ im Rheinauhafen geklärt, vermutet wird ein unsachgemäßer Umgang mit den Brunnen. Die Frage, ob man der Arge Los Süd wegen Unzuverlässigkeit kündigen soll, muss in den nächsten Wochen entschieden werden. Eine Kündigung wäre sicherlich naheliegend, allerdings muss man abseits von den rechtlichen Folgen eines solchen Beschlusses auch die Sicherheit der Haltestelle Heumarkt im Auge haben, die erst dann wirklich gegeben ist, wenn sie fertig gebaut ist. Eine Verzögerung beim Bau würde bei einer Kündigung und der notwendigen neuen Ausschreibung auf jeden Fall die Folge sein. Wer letztendlich für die ganzen Schäden, insbesondere am Waidmarkt aufkommt, wird selbst nach Feststellung der konkreten Unglücksursache vermutlich erst nach jahrelangem Rechtsstreit geklärt werden können. Unabhängig von der Schuldfrage und den finanziellen Auswirkungen ist jedoch das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die KVB, die Stadt und die beteiligten Baufirmen massiv gestört. Hier ist ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstanden, der selbst wenn die Nord-Süd-Bahn jemals fertiggestellt ist noch lange Nachwirkungen zeigen wird.

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