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Zur Sondersitzung des Rates 11.03.2009

Sondersitzung des Rates am 11.03.2009
zum Einsturz des Historischen Archivs

[Redemanuscript von<link internal-link> Jörg Frank, stv. Vorsitzender der GRÜNEN im Rat]

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Oberbürgermeister,
werte Damen und Herren,

die schreckliche Katastrophe in der Severinstraße vom 3. März ist für Köln ein tiefer Einschnitt. Der Tod eines jungen Menschen, die Ungewissheit über einen weiteren Vermissten, die obdachlos gewordenen Bewohnerinnen und Bewohner und die Zerstörung eines der bedeutendsten historischen Archive in Europa ist ein traumatisches Erlebnis.

Die Bergung der noch zu rettenden historisch wertvollen Dokumente wird noch Monate andauern. Ihre Wiederherstellung wird Jahrzehnte beanspruchen.

Unsere große Anerkennung gebührt dem umsichtigen und unermüdlichen Rund-um-die-Uhr-Einsatz der Feuerwehr und weiterer Bergungskräfte und nicht zuletzt der Hilfsbereitschaft vieler Bürger.

Die Bergung und Restaurierung erfährt inzwischen dankenswerter Weise breite Unterstützung. Tatsächlich wird längerfristig tatkräftige praktische, finanzielle und Unterstützung notwendig sein – vor allem auch durch die Landes- und Bundespolitik.

Schwer wiegt der Verlust des historischen Archivs. Wir halten es für notwendig, schon bald über seinen zukünftigen neuen Standort zu beraten und dafür notwendige Entscheidungen zu treffen.


Bei den Menschen, die entlang der U-Bahnstrecke leben, hat die Katastrophe zu erheblicher Verunsicherung geführt.
Sie erwarten, dass Verantwortung übernommen wird. Dazu gehört, dass die Verantwortlichen zu Recht nachvollziehbare und der Situation angemessene Antworten geben.
Vor allem erwarten sie, dass alle Maßnahmen beim Bau ergriffen werden, um höchstmögliche Sicherheit zu gewährleisten und mögliche Versäumnisse zu korrigieren.
Wer ist verantwortlich?
Die Stadt Köln vertreten durch den Oberbürgermeister, der Planungsdezernent, das Management der KVB als Bauherr, die den Bau ausführenden Firmen, aber auch die Genehmigungsbehörden und natürlich nicht zuletzt auch der Rat bzw. seine entsandten Mitglieder in den Aufsichtsräten.
Jeder hat dabei zwar eine unterschiedliche Rolle, aber die Pflicht sich der Verantwortung zu stellen.

Dieser Verantwortung sind nicht alle Beteiligten angemessen nachgekommen.

Verantwortung bedeutet kein automatisches Schuldeingeständnis – etwa in juristischem Sinne.
Verantwortung bedeutet vielmehr, dass eine Person für die Folgen eigener oder fremder Handlungen Rechenschaft ablegen muss. Sie drückt sich darin aus, bereit und fähig zu sein, später Antwort auf mögliche Fragen zu deren Folgen zu geben. Eine Grundvoraussetzung hierfür ist die Fähigkeit zur bewussten Entscheidung. Eine Verantwortung zieht immer eine Verantwortlichkeit nach sich, d. h. dafür Sorge zu tragen, dass die Entwicklung des Verantwortungsbereichs im gewünschten Rahmen verläuft.

Es ist hingegen genauso unverantwortlich, sich aus wahltaktischen Motiven in die Rolle des unbeteiligten populistischen Kritikers zu begeben und zu versuchen durch billige Effekthascherei aus der Katastrophe Honig zu saugen.

In einer solchen Ausnahmesituation ist Besonnenheit und Führungsverantwortung gefragt. 

Auch eine Haltung, angesichts des Desasters das eigene Tun nicht selbstkritisch in Frage stellen zu wollen, untergräbt das Vertrauen in die Verantwortlichen.
Waren die Planer allzu sorglos – getrieben von der Mentalität technisch alles für machbar zu halten?

Dieses Großprojekt wurde Anfang der 90er Jahre gegen unsere Stimmen in diesem Rat beschlossen. Wir sind allerdings weit davon entfernt, dies nun als Begründung zu nehmen, unserer Verantwortung bei der Aufklärung der Ursachen für die Katastrophe nicht nachzukommen.
Im Gegenteil. Es besteht akuter Klärungsbedarf:

Besteht im Bereich der U-Bahn-Baustelle eine weitere Gefährdung für die dort lebenden Menschen? Das ist die Kernfrage, die nach Meinung der grünen Ratsfraktion unverzüglich geklärt werden muss.
Hier stehen KVB AG, beauftragte Baufirmen und Stadtspitze unmittelbar in Verantwortung, um mit unabhängigen Gutachtern rasch zur Klärung beizutragen und die Bevölkerung umfassend zu informieren.

Es vergrößert die Verunsicherung und erschüttert die Glaubwürdigkeit weiter, dies mit Hinweis auf laufende staatsanwaltliche Ermittlungen zu Ursachen und Verantwortung für die Katastrophe zu unterlassen.

Übereilte Schlüsse und zwangsläufig ins Kraut schießende Spekulationen in den Medien sind sicherlich nicht unbedingt hilfreich, aber Hinweise von Experten müssen von den Verantwortlichen endlich ernst genommen werden, um eine weitere Gefährdung auszuschließen und wieder Vertrauen aufzubauen.

Diese Fragen sind zu beantworten. Darauf drängen wir.

Wir erwarten dazu von der Stadtspitze eine enge Kooperation mit der Führung der KVB AG.

Wir erwarten von der KVB AG eine offensive Informationspolitik gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern sowie Sensibilität und praktische Hilfen für die von der Katastrophe unmittelbar Betroffenen. Die erfolgte Einrichtung eines Hilfsfonds durch die Stadtwerke war ein erster und richtiger Schritt.

Die aktuelle Debatte um einen nicht näher begründeten „Baustopp“ gleitet allzu schnell in Populistische ab; sie hilft nicht, sie verunsichert die Menschen nur weiter. Auch wird so nicht mehr Sicherheit an den Baustellen geschaffen.
Das ist aber das Gebot der Stunde: Alle Baumaßnahmen zügig durchzuführen, die für mehr Sicherheit sorgen.

Herr Oberbürgermeister,
nicht wegducken, nicht kleinkariert streiten sondern entschlossen handeln. Darum geht es.
 
Dabei ist es unsere Aufgabe bzw. des gesamten Rates, auf die Erhöhung der Sicherheit und auf die Beantwortung der im Raum stehenden Kernfragen zur Katastrophe und den Verantwortlichkeiten zu drängen.
Das erwarten die Menschen. Und dieser Erwartung wollen wir nachkommen.

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