Grüne Köln

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Willkommen auf unseren Seiten

Beschluss des AK Frauen- und Mädchenpolitik von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN KÖLN: Konsequenzen aus den Ereignissen in der Silvesternacht

Wir sind noch immer entsetzt über die massenhaften sexuellen Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und anderen deutschen Städten. Wir verurteilen die sexuelle Gewalt bzw. die Übergriffe auf Frauen aufs Schärfste . Unser Mitgefühl und unsere Solidarität gelten den betroffenen Frauen. Sie müssen die Unterstützung und Betreuung erhalten, die sie brauchen. Es muss eine umfängliche Aufklärung der Taten geben und die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

Leider ist sexualisierte Gewalt im Kontext von Massenveranstaltungen keine Seltenheit. Weltweit und in Deutschland erleben Frauen und Mädchen Gewalt durch Männer. Körperliche Angriffe, grenzüberschreitende Anmache, verbale Gewalt bei abgelehnten Flirts u.v.m. sind Übergriffe, die Frauen und Mädchen in ihrem Alltag immer wieder erleben und in der Regel nicht zur Anzeige bringen. Frauen leben auch in unserer Gesellschaft immer noch mit dem Risiko, ungewollt angefasst oder vergewaltigt zu werden. Wir begrüßen sehr, dass die Übergriffe auf Frauen am Kölner Hauptbahnhof nicht – wie so häufig in der Vergangenheit – bagatellisiert, sondern gesellschaftlich ernst genommen und verurteilt werden. Das ermutigt die Frauen dazu, Anzeige zu erstatten und die Fälle damit öffentlich zu machen. Um diese Übergriffe gesellschaftlich und strafrechtlich richtig einzuordnen, braucht es ein klares politisches Statement gegen jedwede Form von Gewalt an Frauen und Mädchen, unabhängig davon, von wem und an welchem Ort sie ausgeübt wird!

Wir lehnen eine Relativierung und Instrumentalisierung der sexualisierten Übergriffe in der Neujahrsnacht mit Entschiedenheit ab! Wir haben keine Angst, die Zusammenhänge von patriarchalen Gesellschaften oder Traditionen und sexualisierter Gewalt zu thematisieren. Wir stellen uns aber dagegen, wenn die Vorfälle in Köln zur generellen Ausgrenzung von Menschen mit Migrationshintergrund, erst Recht gegen Geflüchtete und zur rassistischen Propaganda benutzt werden.

Uns wird es weiterhin darum gehen, die Opfer zu schützen und die Debatte über sexualisierte Gewalt in allen ihren Ausprägungen zu führen. Genau dafür ist jetzt die Zeit. Aber auch Taten müssen folgen.

Der AK Frauen der GRÜNEN in Köln sieht Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen:

  • Die längst überfällige Reformierung des Paragraphen §177 StGB muss mit Nachdruck vorangebracht werden. Der aktuell vorliegende Entwurf geht leider immer noch nicht weit genug. Aktuell besagt der §177 (Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung) immer noch, dass es für eine Verurteilung nicht ausreicht, wenn das Opfer ausdrücklich klar gemacht hat, dass es die sexuelle Handlung nicht möchte. Ein Nein muss auch vor dem Gesetz als Nein gelten.
  • Schließung der Gesetzeslücken in Bezug auf sexuelle Nötigung im öffentlichen Raum.
  • Die Ratifizierung der Istanbul-Konvention – das ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Sie ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen schafft. Die Konvention trat am 1. August 2014 in Kraft und wurde bis heute von Deutschland nicht ratifiziert.
  • Eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle und eine Verurteilung der Täter in Zusammenarbeit aller Behörden. Schluss mit dem Gerangel um Verantwortung und Kompetenzen!
  • Die Ermutigung von Frauen und Mädchen, sexuelle Übergriffe auch künftig laut anzuprangern und anzuzeigen.
  • Den Erhalt und Ausbau von Präventionsangeboten und -maßnahmen.
  • Die Regelfinanzierung der Anlaufstellen für betroffene und von Gewalt bedrohte Mädchen und Frauen bundesweit.
  • Eine bedarfsgerechte, von Einzelfall unabhängige und abgesicherte Finanzierung der Mädchen- und Frauenhäuser.
  • Schulungen für Polizei und Justiz, um sie für Vergehen gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu sensibilisieren und sie für einen adäquaten Umgang mit den Opfern zu qualifizieren.
  • Das Notfallpaket bei Vergewaltigung, das die Notfallversorgung und Behandlung, die Notfallverhütung mit der ,Pille danach' und die Spurensicherung beinhaltet, muss für die betroffenen Frauen kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, auch wenn sie anonym bleiben wollen.
  • Schutzkonzepte für Frauen in Flüchtlingsunterkünften müssen endlich in allen Einrichtungen umgesetzt werden. Das Personal muss im Umgang mit Opfern sexueller Gewalt geschult und den Frauen müssen Schutzräume und Beratung geboten werden. Darüber hinaus muss es die Möglichkeit von geschlechtergetrennten Unterkünften geben.
  • Stärkung von Frauenrechten bei allen internationalen Beziehungen

Konkret heißt das für Köln:

Für das neu erstellte Sicherheitskonzept für Karneval 2016, mit sog. Security Points:

Die Verbreitung der Standorte der Security Points als Anlaufstellen für Frauen und Mädchen durch eine breite Kommunikationsoffensive einschließlich Sozialer Medien und die routinemäßige Einbindung der Fachfrauen aus den Beratungsstellen bei Erstellung der zukünftigen Sicherheitskonzepten für Großveranstaltungen (Jeck im Sunnesching, ColognePride etc).

  • Wir fordern die Einrichtung eines runden Tisches für Sicherheit im öffentlichen Raum unter Beteiligung der autonomen Frauenprojekte

Für die Verhandlungen zu einem Gestaltungsbündnis zwischen Grünen und CDU im Rat erwarten wir von den Grünen Verhandlungsführer*innen ihren Einsatz für:

  1. Den Erhalt und die bedarfsgerechten Aufstockung von Hilfs- , Beratungs- und Unterstützungsangeboten für Frauen und Mädchen in Köln
  2. Schulung des eingesetzten Personals bei Großevents in Bezug auf sexuelle Übergriffe
  3. Die Förderung spezialisierter Projekte zur Stärkung der sexuellen Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen , die als Flüchtlinge zu uns kommen.
  4. Die Errichtung eines 3. Frauenhauses in Köln
  5. Keine Tagessatzerhöhung für das neu zu bauende 1. Frauenhaus sowie bei Platzerhöhung eine damit einhergehende gleichzeitige Erhöhung des Personalschlüssels, um eine nachhaltige, psychosoziale Betreuung von Gewalt - Betroffenen zu gewährleisten.

Einstimmiger Beschluss ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen.

Kategorie

Ratsfraktion | Kreisverband | Pressemitteilung