Regionaler Nutzen der KVB-Leistungen: Argumente für mehr ÖPNV

Die große volkswirtschaftliche und ökologische Bedeutung der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB AG) belegt die aktuelle Untersuchung „Regionaler Nutzen der KVB-Verkehrsleistungen“. Die Studie mit dem unspektakulären Titel zeigt auch die erheblichen wirtschaftlichen Lasten und Umweltschäden auf, wenn die KVB ihr Angebot um die Hälfte reduzieren würde. Die ermittelten positiven Effekte sind ein Plädoyer für mehr KVB-Leistungen.
Ein Kommentar von Manfred Waddey, Vorsitzender des Verkehrsausschusses.

Bewusstseinswandel

In den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde Öffentlicher Nahverkehr (ÖPNV) im Bewusstsein vieler Menschen – auch linker Politiker und Politikerinnen - als eine Veranstaltung der Sozialpolitik verstanden, die dazu diente, den armen Menschen, die sich kein Auto leisten oder wegen zu jungen Alters nicht fahren konnten, eine gewisse Basismobilität zu sichern. „Normale“ Menschen, die sich durch Lohnarbeit ihren Lebensunterhalt über das Existenzminimum hinaus verdienen konnten, sollten selbstverständlich Auto fahren. Da zu dieser Zeit die Reallöhne noch stiegen und immer mehr Menschen die Möglichkeit hatten, ein Auto zu finanzieren, taten sie es auch und die Fahrgastzahlen der öffentlichen Verkehrsunternehmen sanken kontinuierlich.
1969 war in Köln das Minimum erreicht. Während auf dem Land und in vielen mittleren Großstädten das Angebot immer stärker hinuntergefahren wurde, hielt Köln – wie die meisten Städte über 500.000 Einwohner – ein vergleichsweise dichtes Angebot aufrecht und baute das Streckennetz sogar noch aus. Der Erfolg blieb nicht aus: seit 1970 steigen die Fahrgastzahlen wieder an und übertreffen heute die Zahlen aus der Zeit vor der allgemeinen Automobilisierung, als die meisten ÖPNV-Nutzenden kaum eine Alternative hatten.

Hoher Nutzen

Natürlich steigen auch die Kosten. Nicht nur die Fahrpreise werden jährlich angehoben, auch der über den Stadtwerke-Querverbund finanzierte Verlustausgleich steigt zumindest tendenziell. Das verlangt Rechtfertigung. Fakt ist, dass kostendeckende Fahrpreise so hoch wären, dass die Nutzerzahlen erheblich zurück gehen würden. Die KVB hat daher den Nutzen ihrer Verkehrsleistung wissenschaftlich ermitteln lassen. Ergebnis: Für jeden Euro, der in den Betrieb der KVB fließt, entsteht ein Nutzen in Höhe von 5,30 Euro: durch wegfallende Investitionen in noch mehr Straßen und Parkplätze, nicht erforderliche Ausgaben für mehr Autos in privaten Haushalten und vermiedene Umwelt-, Klima- und Unfallschäden. Hinzu kommen erhebliche Arbeitsmarkteffekte.
Das hat auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) erkannt. In ihrem Magazin IHK-Plus (01/02-2012, <link http: www.apom.de ihk-plus-1201>www.apom.de/ihk-plus-1201/) erklärt sie ihren Mitgliedern auf 14 Seiten die Bedeutung des ÖPNV für das Funktionieren der Stadt und den Nutzen für die Wirtschaft.

Messbarer Nutzen

Für diejenigen, die schon immer die Notwendigkeit eines attraktiven ÖPNV propagiert haben, ist das alles nichts Neues. Interessant ist aber schon, dass sich der Nutzen auch quantifizieren lässt. Die angewandte Methode ist dabei durchaus überzeugend. Es wurde nicht etwa simuliert, wie es aussähe, wenn man einfach jede zweite Bahn oder jeden zweiten Bus ausfallen ließe. Vielmehr wurde virtuell „intelligent“ gespart: das Angebot wurde in den schwächer nachgefragten Zeiten und Räumen reduziert oder gestrichen und zu den Spitzenzeiten weitgehend erhalten. Auch die Infrastruktur wurde nicht abgebaut.

Angebot ausweiten

Da wäre es natürlich interessant zu untersuchen, wie groß der Nutzen wäre, würde man das Angebot deutlich erweitern. Auch dabei sollte man intelligent vorgehen. Da die vorhandene Infrastruktur in der Spitzenzeit schon weitgehend ausgereizt ist, müsste das Angebot insbesondere zu den Zeiten ausgeweitet werden, zu denen ein Mehrverkehr ohne weiteres möglich ist. Hier tut sich die KVB nach wie vor schwer. Die Chancen, die sich durch Angebotserweiterungen ergeben, werden nicht gesehen. Dagegen fürchtet man die höheren Kosten. Fakt ist aber, das heutige Angebot ist nicht bewusst auf die festgestellte Kosten-Nutzen-Relation von 1:5,3 ausgerichtet. Der Rat treibt daher die KVB bisweilen. Sowohl die Einführung der äußerst erfolgreichen Unibus-Linie 142 als auch die Ausweitung des Nachtverkehrs erfolgten erst auf politische Initiative.

Ausbau gefährdet

KVB-Chef Jürgen Fenske wies bei der Vorstellung des Gutachtens auf einen sehr wesentlichen Punkt hin: ohne Erhalt und weiteren Ausbau der Infrastruktur kann attraktiver ÖPNV nicht aufrecht erhalten werden. Den Ausbau können Stadt und KVB aber ohne Hilfe von Bund und Land nicht leisten. Wenn die bisherige Bundesförderung durch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz ab 2019 ersatzlos entfällt – wie es die derzeitige Bundesregierung beabsichtigt – steht der ÖPNV vor einem kaum lösbaren Problem.


„Mobilität in Köln – Regionaler Nutzen der Kölner Verkehrsbetriebe“:<link http: www.kvb-koeln.de german nachrichten>

www.kvb-koeln.de/german/nachrichten/view.html


Manfred Waddey


KVB-Fahrgastzahlen
1990 – 2010 (in Mio)

1990         179,4
1995         218,2
2000         230,9
2001         233,7
2002         238,8
2003         241,9
2004         240,1 (a)
2005         247,1 (b)
2006         245,5
2007         252,0
2008         261,6
2009         265,8
2010         272,1

(a) Wegfall Mobilitätspass u. Flughafenlinie 170, Einführung von Studiengebühren
(b) inkl. 4 Mio. Fahrgäste beim Weltjugendtag

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