Vom Kernbündnis zur Koalition: Rot-Grün für Köln

Am 14. Januar billigten der Parteitag der KölnSPD und am 16. Januar die Kreis-Mitgliederversammlung die rot-grüne Koalitionsvereinbarung für die Wahlperiode 2009 – 2014. Vorangegangen waren intensive Verhandlungen, die erst nach der Bundestagswahl und Herbstpause gestartet waren und am 22.12. zum Ergebnis führten. Parallel erfolgte die komplizierte Konstituierung des neuen Rates, in den sechs Fraktionen und zwei Einzelmandatsträger gewählt wurden. Barbara Moritz, grüne Fraktionsvorsitzende, zu Zielen und Ausgangsbasis rot-grüner Stadtpolitik.

22.03.10 –

Fortsetzung

Die Vereinbarung ist die konsequente Fortsetzung der Arbeit des sogenannten rot-grünen „Kernbündnisses“, das Anfang 2006 vereinbart wurde und in der alten Wahlperiode aus der Minderheit agierte. SPD und GRÜNE haben erst seit der Wahl am 30.8. zusammen mit OB Jürgen Roters eine knappe Mehrheit. Der Koalitionsvertrag sollte nicht mit dem grünen Wahlprogramm verwechselt werden. Er verspricht auch nicht die Erfüllung aller grünen Wünsche. Er ist aus grüner Sicht aber ein durchaus gelungener Kompromiss aus langen inhaltlichen Diskussionen zwischen beiden Parteien und eine geeignete Arbeitsgrundlage für die Ratsarbeit der nächsten Jahre.

Finanzvorbehalt

Das größte Handicap für beide Vertragspartner ist die dramatische Haushaltskrise. Können SPD und GRÜNE überhaupt Vorhaben formulieren, die nachweislich einen hohen Finanzbedarf haben, ohne genau zu wissen, ob und wann sie finanziert werden können? 
Beide haben sich trotzdem dazu entschlossen, um ihre Prioritäten deutlich zu machen, auch wenn bestimmte Projekte nur schrittweise oder erst in den letzten Jahren der Wahlperiode umgesetzt werden können. Auf jeden Fall wird die Finanzpolitik unser politisches Handeln stark einschränken.
Immer neue Lasten und Verpflichtungen werden Städten wie Köln von Bund und Ländern aufgebürdet. Der Bund hilft zwar mit Steuermilliarden den Verursachern der Finanzkrise, den gefährdeten Banken, die Kommunen hingegen lässt die Bundesregierung im Regen stehen. Daher wird die Stadt Köln im Verbund mit den kommunalen Spitzenverbänden als starke und deutlich hörbare Stimme gegenüber Land und Bund auftreten. Auch werden wir die Zeit vor der Landtagswahl nutzen, um die kommunalfeindliche Politik der Landesregierung anzuprangern. GRÜNE und SPD werden deshalb vor allem auch strukturelle Verbesserungen anstreben, die zunächst wenig Geld kosten, aber ein anderes Denken voraussetzen.

Beteiligung

So muss Verwaltungshandeln transparenter werden. Bürgerinnen und Bürger sollen sich besser und leichter informieren können. 

Dafür brauchen wir einen städtischen Internetauftritt, der mehr, aktuellere, ausführlichere und leichter auffindbare Informationen bietet. Dort, wo bürgerschaftliches Engagement entsteht, werden wir dies aufgreifen und stärken. Wir werden uns aber da verstärkt um Bürgerbeteiligung bemühen, wo die Menschen aufgrund ihrer sozialen Situation mehr Schwierigkeiten haben, ihre Bedürfnisse zu artikulieren.

Teilhabe

Der soziale Zusammenhalt und das drohende Auseinanderbrechen der Stadtgesellschaft ist für GRÜNE und SPD gleichermaßen ein Schlüsselthema. Deshalb werden wir das erweiterte KölnPass-Angebot im jetzigen Umfang trotz Haushaltskrise erhalten und versuchen, auch private Anbieter für Preisnachlässe zu gewinnen. Die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen in Köln ist Richtschnur unseres Handelns. So wollen wir den Mangel an preiswertem Wohnraum beseitigen. Preiswerter Wohnraum soll auch in „teuren“ Wohnlagen der Stadtbezirke Innenstadt, Rodenkirchen und Sülz/Klettenberg entstehen.

Bildung

Bildung schafft das Fundament für die Zukunft. Den Weg der Ganztagsbetreuung für alle Kinder und Jugendliche werden wir konsequent weitergehen. Kindertagesstätten sind keine Betreuungs- sondern Bildungseinrichtungen. Das gemeinsame Lernen aller Kinder, ganz gleich mit welcher Leistungsprognose, ob mit oder ohne Behinderung ist unser Leitbild. Dabei gerät rot-grüne Politik in Konflikt mit der scharz-gelben Landesregierung, wie der aktuelle Streit mit RP Lindlar um die neue Gesamtschule im Kölner Norden zeigt.

Grüne Akzente

In der Stadtentwicklung ist das Mischen von Nutzungen, die Stadt der kurzen Wege und der sparsame Flächenverbrauch das Leitbild der Zukunft. Dabei soll trotz starkem Flächendruck die Entwicklung von zusammenhängenden Grünflächen und der Schutz von Natur und Grün verstärkt beachtet werden. Der Klimawandel ist eine große Herausforderung auch für die Stadtplanung. GRÜNE haben deshalb auch in den Bereichen Umwelt, Energie, Flächen und Verkehr deutliche Akzente gesetzt. Ein Erfolg wird aber sicher nur langfristig spürbar sein, deshalb ist ein Monitoring unabdingbar.

Verkehr

In der Lokalpresse wurden vor allem die Vereinbarungen zur Verkehrspolitik kritisch thematisiert. Das ist einerseits verständlich in einer Stadt, in der die Einführung einer Busspur schon als revolutionärer Akt gilt, andererseits ist der Leitbildwechsel von der autogerechten zur menschengerechten Stadt längst überfällig. Köln hinkt hier den meisten Städten hinterher - in Deutschland und sogar in Europa.
Es geht nicht um Schikanen gegen Autofahrende, sondern Verbesserungen für den Fuß-, Rad- und öffentlichen Nahverkehr. Nachdem GRÜNE zwanzig Jahre dafür kämpfen mussten, dass eine Buslinie über die Universitätsstraße führt, sollte nun der öffentliche Nahverkehr auf dem Rhein schneller Realität werden.

Planungskultur

Eine Neuordnung der Verkehrs soll auch mehr Aufenthaltsqualität für Fußgängerinnen und Fußgänger bewirken. Kölns öffentlicher Raum soll attraktiver werden. Mit liebloser Stadtmöblierung, Überschilderung und überbordender Werbung muss Schluss sein. Bei der Stadtplanung werden wir auf Urbanität, die Einhaltung von Planungskultur und der vereinbarten Konzepte, wie z.B. das Höhenkonzept, teilräumliche Konzepte und den MasterplanInnenstadt Wert legen.

Regional

Viele Menschen - besonders im Kölner Süden – hofften, dass die SPD beim seit Jahrzehnten umkämpften Hafenausbau Godorf einlenkt. Dies ist den GRÜNEN trotz großer Anstrengungen nicht gelungen. Allerdings hat die SPD die Einsicht gewonnen, dass Logistikpolitik nur mit regionaler Perspektive Zukunft hat. Dies wird um so wichtiger, wenn der geltende Baustopp gerichtlich erneut bestätigt wird. Ob neuer Großmarkt oder Flächenpolitik für Gewerbe- oder größere Industrieansiedlungen, angesichts knapper Ressourcen gehört regionaler Kooperation die Zukunft und nicht der Kirchturmpolitik in den eigenen Stadtgrenzen. 
Regionale Zusammenarbeit funktioniert aber nur auf gleicher Augenhöhe und zum gegenseitigen Vorteil.

Die Mitgliederversammlung der Kölner GRÜNEN hat den Koalitionsvertrag mit überwältigender Mehrheit gebilligt. Nun hat die Ratsfraktion den Auftrag, die vereinbarten Ziele in mitunter zäher Kleinarbeit umzusetzen.
Dabei ist die tatkräftige und konstruktiv-kritische Unterstützung grüner wie nichtgrüner Mitstreitenden willkommen.

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Kreisverband | Finanzen