Rede der Beigeordneten Frau Reker: Flüchtlinge in Köln

Anlässlich der Sondersitzung des Rates hielt die Dezernentin Henriette Reker (Grüne) die nachfolgend dokumentierte Grundsatzrede in der sie die aktuelle Lage darstellte und eine Aktualisierung des Konzeptes zur Unterbringung und Betreuung auf der Grundlage der bewährten Flüchtlingsleitinien zusagte.

12.11.13 –

Rede  der Beigeordneten Henriette Reker in der Sondersitzung des Rates am 12.11.2013


Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Scho-Antwerpes
Sehr geehrte Damen und Herren,

Sie alle kennen die Bilder aus den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt. Die Menschen, die von dort fliehen haben Menschenrechtsverletzungen erlitten oder wollen dem Elend und der Perspektivlosigkeit für sich und ihre Kinder entkommen. Sie geben ihre Sprache und ihr gesamtes soziales Umfeld auf und gehen in eine ungewisse Zukunft mit der Überzeugung, dass die neuen Lebensumstände nur besser sein können, als ihre bisherigen.

In Deutschland suchen sie zuerst die bekannten Großstädte auf:
Berlin, Hamburg, München und die als weltoffen und tolerant geltende
Stadt Köln.
Das Bundesland Nordrhein Westfalen hat eine Aufnahmequote von 21,2 Prozent der Flüchtlinge für das gesamte Bundesgebiet  zu erfüllen. Davon werden der Stadt Köln 5 Prozent durch die Bezirksregierung Arnsberg zugewiesen.

Im letzten Jahrzehnt war in Köln im Jahr 2004 mit mehr als 4000 (4053) Flüchtlingen der Höchststand erreicht.
Die Stadt hat sich damals ihrer Verantwortung gestellt: aus dieser Zeit stammen die Leitlinien zur Unterbringungen von Flüchtlingen, an denen der runde Tisch für Flüchtlingsfragen schon mitgewirkt hat. Seit mehr als zehn Jahren reflektiert er die Unterbringungspraxis der Stadt und stellt einen großen gesellschaftlichen Konsens her. Ein in NRW meines Wissen einmalige Einrichtung, mit der die Stadt vertrauensvoll und konstruktiv  zusammenarbeitet.

Als die Flüchtlingszahlen dann zurückgingen, sind viele völlig marode Unterkünfte aufgegeben worden und mehr als 3000 Menschen konnten seitdem in Wohnungen umziehen.

Im Jahr 2009 haben wir verstärkt Maßnahmen zur Sicherung unserer Aufnahme- und Unterbringungsverpflichtungen eingeleitet.

Die steigenden Flüchtlingszahlen im Jahr 2010 machten den akuten Handlungsbedarf deutlich.
Der Rat hat deshalb Mitte 2011 auf der Grundlage der Leitlinien ein Konzept zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen beschlossen.

Inhalte waren:

  • bestandserhaltende Maßnahmen,
  • zusätzliche Instandsetzungs- und Betreuungsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit freien Trägern der Wohlfahrtspflege,
  • bestandserhöhende Maßnahmen und 
  • ein Auszugsmanagement ebenfalls in Zusammenarbeit mit freien Trägern , das trotz Wohnungsknappheit funktioniert.

Die bestandserhaltenden Maßnahmen sind größtenteils umgesetzt und die Betreuung hat sich verbessert. An den bestandserhöhenden Maßnahmen arbeitet die Verwaltung mit Hochdruck.

In den letzten Monaten nahm der Anstieg der Flüchtlingszahlen signifikant zu und mit Stand vom 31. Oktober ist mit 2853 Flüchtlingen eine neue Höchstzahl erreicht.
271  Menschen davon warten auf ihre Weiterleitung in eine andere Kommune und wir sind im ständigen Gespräch mit der Bezirksregierung Arnsberg und dem Innenministerium NRW um das Verfahren zu beschleunigen.

Unsere Aufnahmekapazitäten haben eine Sollbelegung von ca 1900 (1926) Plätzen in den 29 über das Stadtgebiet verteilten Wohnheimen sowie 171 Plätze in den beiden Notaufnahmen Herkulesstraße und Vorgebirgsstraße. Darin enthalten ist bereits die Kapazitätserweiterung um 54 Plätze durch die dort aufgestellten Wohncontainer. Die gesamten Aufnahmekapazitäten sind mehr als erschöpft. Wir können damit die Leitlinien nicht mehr in vollem Umfang einhalten. Nur der im Jahr 2010 begonnenen Hotelunterbringung von aktuell 728 Personen in 12 Hotels ist es zu verdanken, dass wir unserer Aufnahmeverpflichtung überhaupt nachkommen können.

Die von Herrn Oberbürgermeister eingerichtete Task Force in der sich die Beteiligten Amtsleiter in der Regel wöchentlich treffen sorgt für eine schnellere Abstimmung und Umsetzung derzeitiger Vorhaben. Es sind neben den beiden schon bekannten neuen Standorten in Weiden und Godorf weitere fünf Standorte in der Abstimmung, die die Verwaltung errichten möchte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren

Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Zuzüge von Flüchtlingen stabil bleibt und es ist nicht verhandelbar, dass wir sie adäquat unterbringen.
Ich baue keine Luftschlösser, aber stelle mir für die dauerhaft zugewiesenen Menschen eine Unterbringung möglichst in abgeschlossenen Wohneinheiten in bisher nicht belasteten Stadtteilen vor. Denn sie sollen nicht nur versorgt werden sondern die Chance zur Eigenverantwortung haben und die Möglichkeit familiäre Strukturen aufrecht zu erhalten. Das sind zusammen mit dem Spracherwerb die wichtigsten Voraussetzungen für eine gesellschaftliche Integration. Wir wollen deshalb in den nächsten Jahren die Unterbringungskapazitäten kontinuierlich ausweiten.
Die Verwaltung arbeitet gemeinsam mit Vertreter/innen des Runden Tisches für Flüchtlingsfragen an einer Aktualisierung des Konzeptes zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen. Grundlage bleiben die im Jahr 2004 vom Rat beschlossenen Leitlinien, in denen sich Köln als europäische Metropole der Inspiration und Interkulturalität positioniert.

Es ist selbstverständlich, dass die zuständigen Ausschüsse, insbesondere der Ausschuss für Soziales und Senioren regelmäßig und umfangreich unterrichtet werden.

Das wir neben der gesetzlichen eine humanitäre Verpflichtung  und als Deutsche eine historisch bedingte Verantwortung haben sollte unumstritten sein!

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