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Archiv Pressemitteilungen

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Grüner Ratsantrag: Klage gegen die Aufhebungsverfügung der Bezirksregierung Köln

Fraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN im Kölner Rat


An den
Vorsitzenden des Rates
Herrn Oberbürgermeister
Jürgen Roters

Dringlichkeitsantrag gem. § 12 der Geschäftsordnung des Rates
Klage gegen die Aufhebungsverfügung der Bezirksregierung Köln


Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen bittet Sie, folgenden Dringlichkeitsantrag in die Tagesordnung des Rates am 13.11.2014 aufzunehmen:

Beschluss:

Der Ratsbeschluss vom 30.09.2014, das Ergebnis der Wahl des Rates vom 25.05.2014 komplett zu überprüfen, indem alle 1.024 Stimmbezirke erneut ausgezählt werden, wurde per Verfügung der Bezirksregierung Köln aufgehoben und die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet.
Der Rat beauftragt die Verwaltung, gegen diese Aufhebungsverfügung der Bezirksregierung Köln beim Verwaltungsgericht Köln fristgerecht Klage zu erheben sowie gegen die von der Bezirksregierung Köln angeordnete sofortige Vollziehung die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu beantragen.
Mit der Vorbereitung und Begleitung dieses Klageverfahrens soll zur Unterstützung der Verwaltung ein externer Rechtsbeistand betraut werden. 

Begründung:

Die Bezirksregierung Köln, vertreten durch die Regierungspräsidentin, hat in der Begründung ihrer Aufhebungsverfügung vom 06.11.2014 die mehrfach im Wahlprüfungsausschuss und Rat diskutierten juristischen Erwägungen und Schlussfolgerungen zusammengefasst und aufgeführt. Sie stützt sich dabei im Wesentlichen auf einen Erlass des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW vom 29.08.2014.

Die grüne Ratsfraktion hält unter den besonderen obwaltenden Umständen, die sich seit dem 25.05.2014 in Köln entwickelt haben, eine komplette Neuauszählung des Ergebnisses zur Ratswahl 2014 nach wie vor für dringend geboten, um die Vertrauenskrise, die bei Teilen der Kölner Bürgerschaft entstanden ist, zu überwinden.

Nicht zuletzt wochenlang betriebene öffentliche Kampagnen, die auch von einigen Medien vorangetrieben wurden, haben die Glaubwürdigkeit des Wahlergebnisses nachhaltig erschüttert.

Die unbestreitbare Tatsache, dass das Ergebnis der Ratswahl 2014, in Teilen der Kölner Bürgerschaft an Glaubwürdigkeit verloren hat und somit eine Vertrauenskrise in eine demokratische Wahl entstanden ist, wird von der Bezirksregierung Köln in ihrer Begründung (siehe Seite 8) schlichtweg negiert.

Diese wirklichkeitsfremde Wertung nimmt die grüne Ratsfraktion mit großer Sorge zur Kenntnis. Sie muss leider konstatieren, dass diese vorgetragene Haltung nicht dazu beiträgt, das breite Vertrauen der Bürgerschaft in demokratische Wahlverfahren wieder zu festigen und zugleich in der Stadtgesellschaft vorhandenen latenten Tendenzen von Demokratieverdrossenheit mit Entschlossenheit entgegenzuwirken.
 
Unbestreitbar werden für eine weitere Auszählung – unabhängig von ihrem Umfang – statistische Auffälligkeiten und Annahmen über mögliche Auszählfehler angeführt, die von der vorherrschenden Rechtsprechung als „nicht substantiiert“ qualifiziert werden.

Anderslautende rechtliche Bewertungen und insbesondere objektive mathematischstatistische Verfahren zur Wahlanalyse werden jedoch ausgeblendet. Dies trägt nicht zur Vertrauensbildung bei den Wählerinnen und Wählern bei.

Hinsichtlich der rechtlichen Bewertung einer erneuten Komplettauszählung verweist auch die Bezirksregierung auf das Gutachten von Prof. Dr. Bätge. Dieses Gutachten kommt vordergründig zu einem eindeutigen Ergebnis, das vom MIK in seinem Erlass vom 29.08.2014 nachvollzogen wird. Allerdings kommt Prof. Bätge nicht umhin, hinsichtlich der Komplettauszählung einräumen zu müssen, dass „nur sehr wenige Entscheidungen vorliegen, da in der Praxis eine solch übergreifende Stimmnachzählung bislang nur selten vorgekommen ist.“ (Stellungnahme vom 29.08.2014, S. 6).

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12.12.1991 (2 BvR 562/91, BVerfGE 85, 148) weist ausdrücklich darauf hin, dass eine übergreifende Stimmauszählung nicht gänzlich auszuschließen ist.

Die vorherrschende Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an Neuauszählungen. Allerdings muss auch festgestellt werden, dass die Anforderungen an die Darlegungspflicht jedoch geringer sind, wenn durch die Wahl ein knappes Wahlergebnis zustande gekommen ist (siehe Hahlen, in Schreiber (Fn. 2), BWahlG, § 49 Rn. 25).

Der Gesetzgeber hat das materielle Wahlprüfungsrecht nicht kodifiziert, sondern nur die Zu-ständigkeits-, Verfahrens- und Formvorschriften für den Wahlvorgang geregelt. Maßstäbe für das materielle Wahlprüfungsrecht beruhen daher nur auf erfolgter Rechtsprechung.

Unbestritten ist, dass Prüfungsgegenstand des materiellen Wahlprüfungsrechts auch die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses ist (Winkelmann (Fn. 15), WahlPrüfG, § 2 Rn. 5). Dabei wird zwischen formellen und materiellen Fehlern unterschieden. Materielle Fehler sind inhaltliche Fehler beim Auswertungsvorgang. Hierbei handelt es sich um Auszählungs- und Additionsfehler (Achterberg, Parlamentsrecht, 1. Auflage 1984, S. 198 Fn. 87). Sie verfälschen den Wählerwillen, weswegen falsche Wahlergebnisfeststellungen als erhebliche Wahlfehler einzuordnen sind (Seifert, Bundeswahlrecht, Kommentar, 3. Auflage 1976, S. 406). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss es nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkret möglich und nicht ganz fernliegend sein, dass der Wahlfehler Einfluss auf die Zusammensetzung des Parlaments hat (BVerfGE 89, 243 (245)).
Das Wahlergebnis spielt für den Prüfungsumfang eine wesentliche Rolle. Wenn durch die Wahl ein knappes Wahlergebnis zustande gekommen ist, ist eine besonders sorgfältige Prü-fung des Kriteriums der Mandatsrelevanz angezeigt (BVergGE 85, 148 n (161, 163)).

Eine statistische Analyse der Wahlergebnisse der 45 Wahlbezirke, die seitens der Antragstellerin durchgeführt und dem Wahlprüfungsausschuss vorgelegt wurde, zeigt auf, dass nur durch eine komplette Auszählung aller 45 Wahlbezirke der Ratswahl die notwendige Klarheit geschaffen werden kann. Dies besagen die Gesetze der Statistik.

Die Analyse über Auffälligkeiten zeigt, dass es völlig unseriös wäre, sich bei der Neuauszäh-lung auf einen oder einige wenige Stimmbezirke zu beschränken. Denn es ist nicht hinreichend wahrscheinlich, dass das festgestellte Gesamtergebnis auf Grundlage einer Auszählung weniger besonders auffälliger Wahlbezirke näher am wahren Ergebnis ist, als das am 25.05.2014 festgestellte. Die Gefahr von Verzerrungen des realen Ergebnisses ist viel zu groß. Eine Neuauszählung lediglich einiger Stimmbezirke würde das Gesamtergebnis also nur dann zwangsläufig besser machen, wenn unter den identifizierten Stimmbezirken wirklich all jene sind, in denen es zu Auszählfehlern kam. Diese sind aber statistisch nicht identifizierbar.

Die Prüfung von Amts wegen ist eine Besonderheit des NRW-Kommunalwahlrechts. Daraus folgt, dass der Rat nach Vorberatung durch den Wahlprüfungsausschuss eine Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl von Amts wegen treffen muss (§ 40, Abs. 1 KWahlG NRW).

Auf dieser Grundlage und unter Berücksichtigung der aufgeführten Gesichtspunkte hält die Antragstellerin die Durchführung einer erneuten Komplettauszählung der Ratswahl nach wie vor für geboten und rechtlich vertretbar.

Aus den dargelegten Grünen fordert die grüne Ratsfraktion mit diesem Antrag den Rat auf, den Oberbürgermeister mit einer Anfechtungsklage gegen die Aufhebung des o.a. Ratsbeschlusses zu beauftragen.


Begründung der Dringlichkeit:

Die Aufhebungsverfügung der Bezirksregierung Köln wurde dem Oberbürgermeister am 06.11.2014 zugestellt, der sie dem Rat der Stadt Köln am 07.11.2014 zugeleitet hat.
Die Klagefrist beträgt einen Monat und endet somit am 08.12.2014.
Ein Ratsbeschluss zur Einleitung einer Klage gegen diese Aufhebungsverfügung muss im Zeitraum der Klagefrist herbeigeführt werden. Ein fristgerechter Ratsantrag wäre erst zur Ratssitzung am 16.12.2014 möglich. Diese Ratssitzung liegt aber außerhalb der Klagefrist. Daher ist ein Dringlichkeitsantrag zur Ratssitzung am 13.11.2014 notwendig.


Mit freundlichen Grüßen

Kirsten Jahn                  Jörg Frank
Fraktionsvorsitzende     Fraktionsgeschäftsführer

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