22.03.10 –
„Rathaus Ratlos“ setzt seine Serie über bürgerschaftliche Netzwerke und Initiativen fort, die bürgerschaftliches Engagement in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen – von Umwelt, über Kultur, Kinder- und Jugend, Sport, lokale Ökonomie bis zur Stadtplanung – umfassen. Bürgerinitiativen, Vereine und Selbsthilfeprojekte berichten über ihre Arbeit, ihre Entstehung, ihre Erfahrungen und ihre Zukunftspläne in „Rathaus Ratlos“. In dieser Ausgabe: Ökobau Köln
Die Anfänge
Ökobau wurde 1984 als Qualifizierungs- und Beschäftigungsträger für langzeitarbeitslose Jugendliche gegründet. Ausgehend von einer Schreinerei wurden junge Menschen aus dem Kölner Norden in verschiedenen Werkstätten qualifiziert und von Pädagogen ins Berufsleben begleitet. In kurzer Zeit kamen weitere Werkstätten hinzu, die sich bis heute in vom Jugendamt gemieteten Räumen an der Niehler Straße befinden. Von Anfang an stand die Vermittlung der realen Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes an erster Stelle.
Aus diesem Grund wurde Ökobau schon 1986 als konzessionierter Handwerksbetrieb mit ihren Gewerken in die Handwerksrolle eingetragen. So wurde es möglich, Aufträge z.B. aus dem diakonischen Bereich des eigenen Spitzenverbandes oder dem Stadtteil zu akquirieren, bei deren Ausführung die erlernten Fähigkeiten direkt umgesetzt werden konnten. Hinzu kamen kommunale Projekte, die bis heute gemeinsam mit anderen Beschäftigungsträgern im Rahmen des „Stadtverschönerungsprogramms“ ausgeführt werden.Mit Hilfe von ABM und „Hilfe zur Arbeit“, den zentralen Arbeitsmarkt-Programmen von Stadt und Arbeitsamt, konnten damals Jugendliche und später auch Erwachsene in kleinen Gruppen und unter intensiver Anleitung so gefördert werden, dass sie eine reelle Chance auf Ausbildung oder Arbeitsplatz hatten.
Einschnitt
2005 änderten sich die Rahmenbedingungen für alle Beschäftigunbgsträger dramatisch. Seit Einführung des SGB II werden nun den sogenannten Zentralträgern durch die ArGe größere Gruppen für sechs Monate zugewiesen. Ökobau ist Mitglied im diakonischen Zentralträger „Arbeit-Sozial“, dem langzeitarbeitslose Menschen zunächst für ein Profiling zugewiesen werden. Sofern dort Vorkenntnisse und/oder Perspektiven im Handwerk ermittelt werden, schicken die dortigen Mitarbeiter diese Menschen in die Werkstätten der Ökobau. Dort sollen sie „beschäftigt“, pädagogisch begleitet und qualifiziert werden, wobei für Letzteres seitens der ArGe ausdrücklich ein eher schulischer Charakter gewünscht ist. Die fachpraxisbezogene Qualifizierung ist zu Gunsten theoretischer Inhalte in den Hintergrund getreten. Die in der Regel kurze Maßnahmedauer sowie die Heterogenität der Gruppen erschwert die Heranführung an den ersten Arbeitsmarkt, das eigentliche Ziel der Arbeitsgelegenheiten, ganz erheblich. Gerade motivierte junge Menschen sowie ältere Menschen mit langer Arbeitslosigkeit und gebrochenen Berufsbiografien bedauern selbst, nicht länger und intensiver in den Werkstätten „ihr“ Handwerk lernen zu können. Sie teilen sich die Werkstätten mit Menschen, bei denen es zuerst um die Heranführung an Grundlagen des Arbeitslebens gehen muss oder für die die Maßnahme eindeutig Sanktionscharakter hat.
Nach wie vor versuchen die Anleiter, Meister oder Gesellen, den Teilnehmern die Bedingungen des ersten Arbeitsmarktes nahe zu bringen. Dies ist aber schwieriger geworden. EinschränkungenDurch die Erweiterung des Betriebsgeländes, zusätzliche Schulungsräume und eine hohe Anleiterquote versucht die Ökobau dem Rechnung zu tragen, stößt aber bei reduzierter Kostenerstattung, stark schwankenden Zuweisungszahlen und der hohen Fluktuation an ihre Grenzen. Arbeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt sind kategorisch ausgeschlossen. Daher stellen das städtische „Stadtverschönerungs- sowie das „Win-Win-Programm“, mit dem langzeitarbeitslose Menschen bei der Sanierung öffentlicher Gebäude qualifiziert werden sollen, die einzige Möglichkeit dar, Qualifizierungsinhalte in der Praxis anzuwenden. Nach wie vor wird immer wieder behauptet, der zweite Arbeitsmarkt müsse selbstverständlich jede Leistung bei gleichem Standard - zu gegenüber dem ersten Arbeitsmarkt - deutlich reduzierten Preisen erbringen können. Dahinter steckt die Idee, Teilnehmer von Maßnahmen seien kostenlose Arbeitskräfte deren Arbeit den kleinen Handwerksbetrieben die Preise drückt.
Dabei wird außer Acht gelassen, welchen Aufwand es bedeutet, unter den genannten Rahmenbedingungen Leistungen im handwerklichen Standard zu erbringen und dabei gleichzeitig die daran beteiligten Menschen zu qualifizieren und pädagogisch zu begleiten. Eine weitere Belastung besteht in häufigen Änderung der Rahmenbedingungen der Arbeitsmarktinstrumente.
Vergabe
Um Aufträge, z.B. aus dem „Win-Win-Programm“, umsetzen zu können, bedarf es einer Kernmannschaft frei finanzierter Mitarbeiter, die sowohl die baulichen Standards garantieren, als auch eine sinnvolle praktische Einbindung der Teilnehmer gewährleisten. Diese Leistungen sind mit dem praktizierten Vergaberecht aus unserer Sicht nicht ausreichend zu bewerten. Auch Köln sollte die Möglichkeiten nutzen, die das EU-Recht im Hinblick auf soziale Aspekte bei der Vergabe bietet.
Kategorie
Ratsfraktion | Rathaus Ratlos | Ratsreporter Ignaz Igel | Netzwerke