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Konflikt um Hafenausbau Godorf schwelt weiter

Arbeitsgemeinschaft von GRÜNE, BUND und Bürgerinitiativen beauftragen externe Experten mit Qualitätsprüfung des vorgelegten Baum-Gutachtens

17.07.07 –

„Erhebliche Zweifel am Aussagewert“


Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Kölner Rat, der Bürgerverein pro sürth e.V. als Repräsentant zahlreicher Initiativen und Vereine im Kölner Süden und der BUND NRW e.V. haben mit Unterstützung von Bündnis 90 / Die Grünen Kreisverband Köln, Bündnis 90 / Die Grünen Ortsverband und Fraktion in der Bezirksvertretung Rodenkirchen eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, die nun unabhängige, externe Wissenschaftler beauftragt hat, die von der Verwaltungsspitze vorgelegte Untersuchung der Wirtschaftlichkeit für die Hafenausbauplanung Godorf kurzfristig zu prüfen.

Das Beratungsunternehmen Citizen Consult GmbH Wuppertal wird eine Überprüfung der Ergebnisse des Baum-Gutachtens durchführen und insbesondere folgende Punkte untersuchen:

  • Die Bewertung der Wachstumsprognosen für den Hafen Godorf
  • Die Beurteilung der Schlüsselfaktoren für die Entwicklungsperspektiven des Güterverkehrs in der Region im europäischen Wettbewerb
  • Mögliche alternative Szenarien für die einzelnen Verkehrsträger
    Diese Untersuchung wird zu den anstehenden Ausschussberatungen im August vorliegen.

Zweifel an Grundannahmen
Bei einem ersten Blick in das seit heute vorliegende Baum-Gutachten kommen bereits Zweifel auf:

  • Ziemlich forsch wird sich über die Zerstörung des Naturschutzgebietes „Sürther Aue“ hinweggesetzt, das „grundsätzlich regenerierbar“ sei (S. 164).
  • Das positive volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Region wird mit
    80 % im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft angegeben. Dieser zentrale Wert, auf dem sämtliche weiteren Berechnungen aufbauen, beruht nicht auf eigenen Befragungen des Gutachters, sondern einer veraltete Studie aus dem Jahr 2000 (S.32/33).
  • Die Nutzenbilanz wird auch durch öffentliche Zuschüsse (Bund, EU) verbessert, deren Realisierung als reine Spekulation angesehen werden muss (S. 122).
  • Die Stärkung der Wirtschaftskraft wird aus dem Zustandekommen der Ausbauinvestition begründet, was banal ist, weil dies für jede Investition gilt (S. 25).
  • Keine Aussage trifft das Gutachten zur Wettbewerbssituation zwischen den Rheinhäfen und zur dauerhaften Wettbewerbsfähigkeit des ausgebauten Hafens gegenüber seinen Konkurrenten.
  • Der Fakt, dass die Binnenschifffahrt gegenwärtig im Vergleich zur Schiene eine schlechtere Ökobilanz aufweist, wird ignoriert.

Die Grundannahmen für die zum Teil weitschweifigen Nutzen-Kosten-Vergleiche (siehe S. 124) müssen einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

CDU/SPD votierten von vornherein für eingeschränkten Gutachtenauftrag
Am 6. Februar 2007 haben CDU und SPD gegen die Stimmen von GRÜNE und FDP durchgesetzt, eine Arbeitsgemeinschaft des Instituts für Verkehrswissenschaft, bestehend aus dem Kölner Büro für Faunistik, KE-Consult und Europa Fachhochschule Fresenius unter Leitung von Prof. Baum mit einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu beauftragen. Laut Ratsbeschluss konzentriert sich dieser Auftrag darauf, „die Wirtschaftlichkeit des Hafenausbaus durch eine volkswirtschaftliche Bewertung in Form einer Nutzen-Kosten-Analyse“ auf Basis des Planfeststellungsbeschlusses und der dort dargestellten Kosten nachzuweisen. Dabei sollen auch ökologische Wirkungen untersucht werden.
Die Untersuchung soll die Grundlage für einen abschließenden Grundsatzbeschluss des Rates am 30.8.2007 über den Hafenausbau sein.

Diesen Auftrag an Prof. Baum kritisierten die grüne Ratsfraktion und weitere Kritiker als völlig unzureichend, weil er das Problem auf eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse reduziert – frei nach der Devise: „Wenn ich oben etwas reinstecke – nämlich Investitionen, dann muss unten auch etwas rauskommen – sprich volkswirtschaftliche, regionale Effekte.“
So bleiben z.B. alternative Investitionsstrategien in wettbewerbsfähige logistische Infrastruktur für die Region ungeprüft, obwohl sich in 20 fast Jahren seit dem vom Rat in 1988 beschlossenen bipolaren Hafenkonzept, das den Godorfer Hafenausbau beinhaltet, ein weit reichender wirtschaftlicher Strukturwandel auch im Logistiksektor vollzogen hat.
Mit dieser verengten Beauftragung nahm diese Ratsmehrheit mit Unterstützung des OB bereits interessegeleitet Einfluss auf das mögliche Untersuchungsergebnis.


Untersuchungsauftrag von GRÜNE und FDP abgeblockt
Die grüne Ratsfraktion beantragte daher zusammen mit der FDP-Fraktion am 6.2. im Rat einen Untersuchungsauftrag, der deutlich weitgefasster war.

  • Berücksichtigung der Wettbewerbssituation zu anderen Binnenhäfen entlang der Rheinschiene, übrigen Verkehrsträgern (insbesondere Schiene)und konkurrierenden Logistik-Anbietern
  • Betrachtung der wirtschaftlichen Auswirkungen von Investition und Betrieb für den Stadtwerkekonzern und die Finanzplanung der Stadt Köln.
  • Eine Ökobilanz mit Bewertung von zusätzlichem Verkehrsaufkommen vor Ort, Ausgleichsmaßnahmen, Folgen durch Klimawandel, Lärm- und Feinstaubbelastung
  • Logistische Anforderungen und Sicherheitsansprüche weiterer Hafennutzer (Shell AG, Basell AG, Degussa AG, Vintron GmbH)

Dieser Vorschlag wurde jedoch von CDU und SPD zurückgewiesen.

Fazit: Die GRÜNEN, pro sürth e.V. und der BUND hegen erhebliche Zweifel am Aussagewert der relevanten Gutachterempfehlungen.


Köln, 17. Juli 2007

Jörg Frank                                     Manfred Giesen
GRÜNE-Fraktionsgeschäftsführer  Vorsitzender pro sürth e.V.

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