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Archiv Pressemitteilungen

Über die Jahre haben sich viele Pressemitteilungen und Kommentare zum aktuellen politischen Geschehen angesammelt. Hier sind die Pressemitteilungen der GRÜNEN im Kölner Rat aus den letzten Jahren zu finden. Wir wünschen viel Spaß beim Stöbern. Sollte etwas spezielles gesucht werden, so verwenden Sie bitte auch unsere Suchfunktion.

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Kommunalverfassung pro und contra: Für starke Räte

Neben der drastischen Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigung (§107 ff.) ist die Stärkung des Hauptverwaltungsbeamten (Bürgermeister) und die damit einhergehende Schwächung der Gemeinderäte der wesentliche Fehler, den die Landesregierung mit ihrer Änderung der Kommunalverfassung betreibt. Die politischen Motive dafür mögen vielfältig sein. Die Kombination aus Abkopplung der Bürgermeister- von der Ratswahl plus Amtszeitverlängerung ist zum einen davon getrieben, den in den beiden vergangenen Kommunalwahlen erzielten Machtgewinn für die CDU zu konservieren, zum anderen markiert es aber auch den vollständigen Bruch mit der bisherigen Verfassungstradition.

Die bisherige Gemeindeordnung geht zurück auf die NRW-Gründung durch eine Verordnung der britischen Militärregierung im  August 1946. Der britische Einfluss prägt auch die Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen (GO): Die kommunale Selbstverwaltung mit einer Doppelspitze aus Bürgermeister und Stadtdirektor in der Gemeindespitze.

Das demokratische Grundverständnis dieser Verfassung bestand darin, den Willen der Bürgerschaft eindeutiger durch den gewählten Rat zu repräsentieren und ausüben zu lassen, während ein fachlich ausgewiesener Stadtdirektor im Rahmen der Ratsbeschlüsse das Verwaltungshandeln managte.
Es ist auch ein System von „check and balances“ und damit weniger autoritär als die Oberbürgermeisterverfassungen süddeutscher Länder. Diese weist dem Bürgermeister Machtkompetenzen zu, die an Präsidialverfassungen erinnern und ist somit ein völlig anderes Demokratiemodell.
Mit der Einführung der Urwahl eines hauptamtlichen Bürgermeisters und der Abschaffung der Doppelspitze führt die Novellierung von 1994 zu leider zu einem systemischen Bruch, der jetzt konsequent verschärft wird. Der direkt gewählte hauptamtliche Bürgermeister war vor mehr als 13 Jahren bei den GRÜNEN NRW aus gutem Grund heftig umstritten und keineswegs favorisiert.

Das Modell eines starken Rates mit einem kompetenten Verwaltungschef ist nach wie vor angesichts immer komplexerer gesellschaftlicher Verhältnisse vorteilhafter. Entscheidend in der kritischen Betrachtung kann aus grüner Sicht doch nur sein, wie mehr Demokratie und Partizipation gewährleistet wird. Die CDU/FDP-Novellierung leistet diesen Zielen einen Bärendienst. 

Die Tatsache, das heute jede/r zum Hauptverwaltungsbeamten gewählt werden kann, ohne über die dafür nötige fachliche Kompetenz und Eignung zur Führung einer Kommunalverwaltung zu verfügen, hat keineswegs zu mehr Qualität im Verwaltungshandeln beigetragen - im Gegenteil. Dies gilt sicherlich nicht nur für die mittleren und großen Städte.

Natürlich mag es in Teilen der Bevölkerung  den Ruf nach dem „starken Bürgermeister“ geben – auch als Reflex auf Politikverdrossenheit. Letztlich werden damit aber populistische und antidemokratische Tendenzen bedient.

Dass es in Süddeutschland durchweg „parteineutrale Bürgermeister“ gäbe, ist eine Legende. Wie auch in NRW ist in kleinen Gemeinden die klassische Parteizugehörigkeit bei Bürgermeistern aber auch Räten nicht durchgängig. Ob dort qualitativ bessere Politik gemacht wird, ist nicht nachgewiesen. Ansonsten gehören auch im Süden die Bürgermeister zum Parteiensystem. Oftmals lösen sie sich – je länger ihre Amtszeit dauert – von ihrer Parteiherkunft ab und gerieren sich zu eigentümlichen Stadtfürsten, die sich mit ihrer Partei und dem Rat bisweilen eitle Schaukämpfe liefern. Der damit verbundene Demokratiegewinn ist mir allerdings schleierhaft.

NRWs Kommunen brauchen jedenfalls keine Kopie süddeutscher „Sonnenkönige“, sondern starke Gemeinderäte als unmittelbare Vertreter der Bürgerschaft. Die soziale und kulturelle Differenziertheit heutiger moderner Stadtgesellschaften braucht ihren repräsentativen pluralen Ausdruck durch einen handlungsfähigen Gemeinderat. Ein Stadthierarch wird dem nicht gerecht, sondern fördert Verdrossenheit.
Die Novellierung birgt die Gefahr, dass die Räte stattdessen zu ohnmächtigem, folkloristischem Beiwerk mutieren, die sich an autokratisch agierenden Bürgermeistern abarbeiten. Die bereits jetzt merkliche „Kohabitationsproblematik“ wird einseitig zu Gunsten des Bürgermeisters aufgelöst. Ein Demokratiegewinn ist das keineswegs.

Jörg Frank

Jörg Frank ist stellvertretender Vorsitzender und Geschäftsführer der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Kölner Rat

 

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