Koloniales Erbe in Köln entschieden aufarbeiten - Kunstwettbewerb für das Reiterdenkmal

Wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Köln fordern eine Neubewertung der Ehrung Kaiser Wilhelms II. auf einem der prominentesten Plätze Kölns (Kurt Rossa Platz). Wir schlagen vor, dass ein Kunstwettbewerb für das dort platzierte Reiterdenkmal ausgeschrieben wird. Der Kunstwettbewerb hat zum Ziel, eine angemessene Alternative zu finden, in der das Handeln von Kaiser Wilhelms II. gezeigt und seine kommentarlose Ehrung in Köln beendet wird.

Entscheidend ist dabei, in einem ersten Schritt mit den von deutschen Kolonial- und Staatsverbrechen Betroffenen in einen Dialogprozess über ihre Ansprüche an eine Alternative zum Reiterstandbild zu treten. Denn der Stadtgesellschaft kann das Leid der Opfer und ihrer Nachfahren sowie die andauernde Verherrlichung des Unrechts nicht gleichgültig sein. Kaiser Wilhelm II. ist Teil der deutschen Geschichte und seine Verbrechen können weder beschwiegen noch ausradiert werden. Im Zusammenhang mit dem Kunstwettbewerb für das Denkmal soll ebenfalls eine Umgestaltung des Platzes mitgedacht werden. Denn in einem zweiten Schritt soll die Umgestaltung des Platzes erreicht werden. So soll ein Platz entstehen, der der Aufarbeitung des kolonialen Erbes Kölns gerecht wird, den Ansprüchen der Mobilitätswende in der Stadt genüge trägt und gleichzeitig Aufenthaltsqualität für Kölner*innen sowie Tourist*innen schafft. Für das finale Mahnmal müssen die relevanten Gremien der Stadt einbezogen und entsprechende Beschlüsse gefasst werden, damit ein nachhaltiger Prozess in Gang gesetzt wird.

Wir bekräftigen unsere Unterstützung für ein dauerhaftes Mahnmal zur Erinnerung an den Genozid an den Armenier*innen in Köln, in dessen Inschrift des Genozids an den Armenier*innen gedacht und zur Ächtung von Nationalismus und Rassismus aufgerufen wird. Bei dem Kunstwettbewerb für das Reiterdenkmal muss die Entscheidungsfindung zu einem geeigneten Standort mit berücksichtigt werden.

Begründung:

Zahlreiche Initiativen und Gruppen beschäftigen sich seit vielen Jahrzehnten mit Kolonialverbrechen, die auch in Köln ihre Spuren hinterlassen haben. Auch wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Köln waren bereits in den 1990er Jahren maßgeblich daran beteiligt, dass Straßennamen im sogenannten „Afrika-Viertel“ in Nippes von Kolonialverbrechern wie Adolf Lüderitz und Carl Peters umbenannt wurden. Dies waren wichtige Schritte. Mittlerweile sind knapp drei Jahrzehnte vergangen und wir müssen feststellen, dass weiterhin erheblicher Bedarf besteht, sich kritisch mit dem kolonialen Erbe der Stadt Köln auseinanderzusetzen.

Die Stadt Köln hat im Herbst 2021 eine Expert*innenkommission aus der Stadtgesellschaft eingesetzt, die sich mit dem kolonialen Erbe Kölns befassen soll. Wir begrüßen diesen Schritt und werden uns weiterhin entschieden dafür einsetzen, dass das koloniale Erbe Kölns aufgearbeitet wird.

Raub und Mord gehörten zum Alltag in der Kolonialzeit. Koloniale Kontinuitäten sind wirkmächtig und bestehen in unterschiedlichem Maße bis heute weiter. Auch Kölner*innen waren an den Kolonialverbrechen beteiligt. Köln trägt ein schweres koloniales Erbe, das es gilt aufzuarbeiten. Diese Aufarbeitung ist jedoch nicht nur abstrakt theoretisch gemeint, wenngleich es wichtig und richtig ist, Veranstaltungen, Bildung und Forschung dazu voranzutreiben. Die Aufarbeitung muss aber auch die Auseinandersetzung mit dem Kölner Stadtbild umfassen. Durch Straßennamen und Denkmäler wird koloniales Unrecht weiterhin heroisiert oder verharmlost und es werden Personen geehrt, die Kolonialverbrecher waren und die Kolonialisierung begrüßten. Wir müssen uns deshalb mit einschlägigen Straßennamen und Denkmälern kritisch auseinandersetzen. In einigen Bezirksvertretungen, wie Ehrenfeld und Nippes, wurden dazu bereits erste Initiativen gestartet. Klar ist, wir müssen genau hinschauen, wer in der Stadt eine Ehrung erhält und es kann nicht nur bei Umbenennungen bleiben. Köln braucht eine angemessene Erinnerungskultur im öffentlichen Raum.

Ein konkretes Beispiel (unter vielen) ist das Reiterdenkmal Kaiser Wilhelm II. vor der Hohenzollernbrücke. Seine Regierungszeit war durch wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Fortschritt geprägt, jedoch auch durch politische Unterdrückung, Krieg, Antisemitismus und Kolonialismus. So legte der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestags bereits im Jahr 2007 die antisemitische Haltung des Kaisers dar. Kaiser Wilhelm II. unterstütze den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts, in dem 50.000 bis 60.000 Herero und Nama durch die deutsche Kolonialmacht auf dem Gebiet des heutigen Namibia getötet wurden. Als oberster Heerführer war er maßgeblich beteiligt an weiteren Kolonialverbrechen wie der blutigen Niederschlagung des sogenannten „Boxeraufstandes“ (Yìhétuán Yùndòng) im heutigen China und dem Genozid an den Armenier*innen 1915 mit 1,5 Millionen Toten, in dem deutsche Offiziere direkt verwickelt waren. Des Weiteren ist Kaiser Wilhelm II. mitschuldig am Ersten Weltkrieg und mitverantwortlich für etwa 15 Millionen Tote in Europa und den europäischen Kolonien. Mehrere unabhängige Gutachten belegen zudem, dass Kaiser Wilhelm II. durch sein politisches Verhalten dem Nationalsozialistischen Terrorregime erheblichen Vorschub geleistet hat.

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Beschlüsse | Demokratie und Faschismus